Ribera del Duero ist und bleibt eine spannende Region. Das hat auch meine aktuelle Reise auf die kastilische Hochebene gezeigt. Da sind zum einen die sehr gastfreundlichen Menschen, die mir überall hier begegnet sind. Das ist insbesondere nach der langen Corona-Abstinenz wie Balsam auf der Seele. Und natürlich die fantastischen Weine, deren Trauben in Sichtweite entlang des Duero reifen. Stilistisch ist die Bandbreite der hier erzeugten Weine vielseitiger und individueller denn je. Tradition und Innovation begegnen dem Entdecker auf Schritt und Tritt.
Neben den Blockbustern mit viel Alkohol und Extrakt, die die Region seit den 1980er Jahren so bekannt gemacht haben, sind es vor allem die eleganten Stilistiken, die aufmerken lassen. Und das in einem kontinentalen Klima mit 2400 Sonnenstunden und nur wenig Regen. Heiße Sommer, kalte Winter definieren hier die Extreme. Die unterschiedlichen Böden, Höhenlagen, Ausrichtungen der Weinberge und verschiedene Philosophien im An- und Ausbau der Trauben und Weine sorgen jedoch für eben diese Vielfalt.
Eigentlich wäre die Reise fast nicht zustande gekommen, nachdem mich kurz zuvor eine Erkältung – zum Glück kein Corona – zunächst für einige Tage lahmgelegt hat. Dank des Consejo Regulador Ribera del Duero und seines persönlichen Shuttle-Services hat es mit einer verspäteten Anreise dann doch noch geklappt. Pünktlich zur Eröffnung der Ernte-Feierlichkeiten in Aranda de Duero bin ich in der Region gelandet. Und es hat sich mehr als gelohnt.
Bereits der erste Abend war hochspannend, dank meiner Master of Wine Kollegin Almudena Alberca. Gemeinsam verkosteten wir unterschiedliche Weine von verschiedenen Terroirs des Duero. Zum Beispiel ihren Secreto 2 von Entrecanales Domecq. Der Wein stammt von den eher sandigen Böden mit Kalkstein in 950 m Höhe und zeigt demgemäß einen eher leichteren, eleganteren Stil mit guter Intensität und Länge. Der Canto hingegen wächst auf einem von Flusssteinen geprägtem Boden und zeigt mehr Kraft, Struktur und Körper.

Viel Tradition und Eleganz sind mir dann am nächsten Tag beim Weingut Ismael Arroyo begegnet. Es war fantastisch, die Weinberge mit ihren 50-90 Jahre alten Weinen und die Weinkeller aus dem 16. Jahrhundert zu sehen. Auch die Weine, die wir verkostet haben, haben mir gefallen – vor allem die Vertikale aus drei Gran Reservas: Für die Gran Reserva 2014 habe ich mir notiert: herrliche Frische, die die kühlen Nächte widerspiegelt, mit Kirsche, Brombeere, Boysenbeere, Tabak, Zedernholzkiste und süßer Eiche. Die Gran Reserva 2011 überzeugte mit elegantem, frischerem Stil sowie körnigen, aber attraktiven Tanninen. Viel weiteres Potenzial!
Die Gran Reserva 2009 war mein Favorit in Sachen Trinkigkeit: Schwarzkirschen, Erdbeere, warme Ziegel, schöne pudrige Tanninstruktur, abgerundete Säure, elegant, weich, Zedernholz.

Besonders begeistert hat mich während meines Besuchs auch ein spezielles Tasting beim Consejo Regulador zu dem mich Ribera Marketing-Chef Pablo Baquera Peironcely mitgenommen hat. Eigentlich war es für Einkäufer aus Puerto Rico aufgesetzt – tatsächlich ein wichtiger Markt für die Weine von Ribera – aber es war noch ein Plätzchen für mich frei. In dem klinisch weißen Ambiente des Verkostungsraum hatten wir Gelegenheit 60 Weine aller Preisklassen zu probieren. Angefangen bei Weinen unter 10 Euro bis hin zu Trophy-Weine des Super-Premium Segments.

Auch hier eine spannende Vielfalt. Nur drei meiner Favoriten: Abadia de San Quirce Finca Helena 2016: Veilchen, Rosenblätter, Brombeeren, Kirschen, getrocknete Pflaumen, Maulbeeren, sehr feinkörnige Tannine, ausgezeichnete Länge und Tiefe. Außerdem sehr gelungen ist der Regina Vides 2019 von Vina Sastre. Rubinrote Farbe, frische Säure. Hervorragender, moderner Stil, noch holzgeprägt, ausgezeichnete Länge und Dichte, intensiv und lang, würzig. Superb präsentierte sich auch der wunderbar gereifte Mirat 2001 Reserva der Bodegas Valdevinas.
Fazit nach drei Tagen Ribera: Ich werde definitiv nicht mehr fünf Jahre warten, um die Region wieder zu besuchen. Dafür ist sie einfach zu interessant.