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Die Deutsche Weinszene 2021

In der deutschen Weinszene hat sich in den vergangenen Jahren unglaublich viel getan. Die Szene ist vielfältiger und spannender als jemals zuvor. Ein Beispiel ist die Entwicklung in punkto Winzersekt. Mit rund 3,2 Liter jährlichem Pro-Kopf-Verbrauch ist Deutschland bei Schaumweinen weltweit ein Spitzenreiter – allerdings galt dies nicht immer im Hinblick auf die produzierte Qualität.

Sekt war lange vor allem ein Massenprodukt – mit einigen wenigen Ausnahmen. Das hat sich inzwischen geändert. Betriebe wie Raumland, Diel, Solter und Schloss Vaux haben den Weg hin zu eigenständigen Top-Qualitäten im Bereich Schaumwein geebnet. Zahlreiche weitere talentierte Sektmacher sind hinzugekommen wie etwa Sven Leiner, Mark Barth oder Niko Brandner. Was sie in die Flasche und ins Glas bringen zählt definitiv zur Weltklasse.

Besonders spannend sind für mich dabei die Brut Nature Stilistiken wie der „Ultra Pinot“ von Mark Barth aus dem Rheingau, bei denen keine gesüßte Versand-Dosage zugesetzt wird. Da der Wein buchstäblich ungeschminkt in die Flasche gebracht wird, kommt es auf besonders präzises Arbeiten an. Wer gereifte Schaumweine mag sollte sich unbedingt einmal bei Florian Lauer vom Weingut Peter Lauer in Ayl an der Saar vorbeischauen. Er hat Schaumweine im Programm, von denen einige Jahrzehnte auf der Hefe gereift sind. Derzeit verkauft unter anderem Reserve Sekte und Cremants aus den Jahren 1984, 1987 und 1992. Alle frisch degorgiert und in Deutschland für 50 Euro ab Weingut zu kaufen.

Apropos gereifte Weine. Bei allen modernen Trends sollte man im Hinblick auf deutsche Weine immer die vergangenen Jahrzehnte im Blick behalten. Deutschland ist eine echte Schatzkammer, wenn es um gereifte Rieslinge geht. Diese Weine eigenen sich perfekt als Speisebegleiter. Ich selbst trinke derzeit mit Vergnügen Spätlesen und Auslesen aus den sehr guten Jahrgängen 1990, 1989 bis hin zu 1971 und 1975. Die Preise sind gerade im Auslese- und Spätlesebereich in vielen Fällen im internationalen Vergleich noch sehr überschaubar. Da viele private Sammlerkeller inzwischen aufgelöst worden sind, steigen die Preise derzeit, aber es lohnt sich nach gut gelagerten Flaschen Ausschau zu halten.

Deutschland kann natürlich nicht nur Weißweine, sondern eben auch erstklassige Rotweine. Meine Heimat Württemberg zum Beispiel hat sich zu einem Topspot für feine Rote entwickelt – auch wenn die Region International gesehen noch ein absoluter Geheimtipp ist. Vor den Toren Stuttgarts – fast in Sichtweite des Mercedes-Benz Zentrale – hat sich eine stille Weinrevolution ereignet. War die Region vor 20 Jahren eher für ihre ziemlich belanglosen Trollinger-Rotweine bekannt, die eher wie Rosé-Weine daherkamen, hat sich das inzwischen grundlegend geändert. In den höheren Lagen des Remstals entstehen auf den von Keuper- und Schilfsandstein geprägten Böden neben intensiven und doch fokussierten Rieslingen eben auch vielschichtige Rotweine. Das sind vor allem Spätburgunder aber insbesondere auch die Lemberger, die hier eine ganz besondere Eigenständigkeit entwickelt haben. Die Rebsorte kennt man ansonsten unter dem Namen Blaufränkisch, der sich insbesondere in Österreich mit seinem frischen dunkelbeerigen Charakter einen Namen gemacht hat. Immer mehr Betriebe arbeiten dabei biologisch oder biodynamisch. Moritz Haidle aus Stetten, Rainer Schnaitmann aus Fellbach und Aaron Schwegler aus meinem Wohnort Korb sind dabei nur drei meiner persönlichen Favoriten.