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Meine 7 MW Trainingsregeln

Wie besteht man den „Master of Wine“? Das werde ich wieder und wieder gefragt. Meine kurze Antwort darauf: mit Leidenschaft, Durchhaltewillen, Disziplin und der richtigen Vorbereitung. Doch wie bereitet man sich vor, wie trainiert man für solche Prüfungen? Darüber lassen sich wohl ganze Bücher schreiben. Entscheidend waren für mich aber einige ganz fundamentale Dinge. Keine Raketenforschung, sondern sieben klare Regeln. Und die gelten nicht nur für den MW, sondern auch für alle anderen großen Prüfungen.

Regel 1: Lese das Handbuch

Mein allerwichtigster Rat lautet: Lese das Handbuch. Das gilt vor dem Aufbau der neuen Küche ebenso wie vor einer wichtigen Prüfung. Bereite dich exakt nach dem vor, was der Syllabus, die Prüfungsordnung, verlangt. Und frag nach, wenn dir etwas unklar bleibt. Das mag banal klingen, ist es aber nicht. Im Gegenteil.

Wenn dein Date dich im Smoking erwartet, helfen dir an diesem Abend auch deine teuersten Sneakers und Jeans nicht weiter. Punkt. So auch in jeder Prüfung: Es ist absolut fundamental für deinen Erfolg, dass du weißt, was dein Gegenüber von dir will. Sonst verschwendest du im besten Fall Zeit, Geld und Energie. Im schlechtesten Fall fällst du unnötig durch den Test. Im Rahmen meiner Master of Wine Prüfungen war es für mich mit meinem deutschen Studienhintergrund beispielsweise absolut essenziell zu verstehen, wie man im angelsächsischen Ausbildungssystem Essays plant und Argumentationen aufbaut. Als hier der Groschen gefallen war, habe ich die Theorie bestanden.

Regel 2: Mach einen soliden Plan

Mach dir von Anfang an klar, dass du jede wirklich große Aufgabe nur als Marathon nicht aber als Sprint meistern kannst. Es gibt keinen Shortcut, der dich zur Meisterschaft führt. Du wirst vielmehr die eine oder andere Extrameile bewältigen müssen. Dafür brauchst du die notwendigen Ressourcen – Geld, Zeit, ein möglichst stabiles Umfeld. Sprich mit deiner Familie, kalkuliere deine Zeit und deine Finanzen und mach einen Plan, wie du dein Ziel erreichen kannst.

Regel 3: Halte dich an deinen Plan

Wenn du deinen Plan gemacht hast, ist das prima. Halte dich aber auch daran. Dazu braucht es Disziplin aber auch realistische Planungen. Wer sich vornimmt, in vier Wochen 15 Kilos abzuspecken, wird in der Regel scheitern. Die Vorgaben sind einfach unrealistisch. Wer abends beispielsweise im Service arbeitet, kann diese Zeit nicht als Lernzeit verplanen. Die Planung muss zudem flexibel sein. Schließlich bringt das Leben morgen Veränderungen, die wir heute noch nicht absehen können. Auf meinem Weg zum Master of Wine habe ich meinen Plan immer wieder an mein Leben mit zwei Jobwechseln und einem Tumor in dieser Zeit angepasst – ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren. Ich hatte mir ein tägliches Lernminimum von mindestens einer Stunde gesetzt. Ich bin jeden Tag eine Stunde früher aufgestanden, um Essays zu schreiben. Verkostungen habe ich auf die Wochenenden und die Abende verlegt. Die Zeit im Flugzeug, Taxi und der Bahn habe ich für Wiederholungen oder Essaypläne genutzt.

Regel 4: Lerne vielfältig

Lass die Vielfalt deinen Tag bestimmen. Der Mensch ist neugierig. Routine stumpft ab. Das gilt auch fürs Lernen. Ich habe nicht tagelang ein Thema gebüffelt, sondern immer wieder meine Inhalte variiert. Das hält den Geist wach und trägt dazu bei, dass du den Fokus behältst. Baue unbedingt Pausen und genügend Schlaf ein, damit sich Körper und Geist erholen. Studien haben gezeigt, dass Sport die Denkleistung verbessert. Nutze das für dich. Mir haben beispielsweise auch binaurale Beats geholfen, mich länger zu konzentrieren und auch zu entspannen. Dabei handelt es sich um Töne und Frequenzen, die auf die jeweiligen Gehirnwellen abgestimmt sind. Klingt esoterisch, hat bei mir aber hervorragend funktioniert.

Regel 5: Sei ehrlich zu dir selbst

Um deine Schwächen gezielt anzugehen, ist das richtige Mindset wichtig. Entwickle Respekt vor der Aufgabe, habe aber keine Angst vor ihr. Sei zuversichtlich, dass du es schaffst, vermeide aber jede Überheblichkeit. Sei vor allem ehrlich mit dir selbst. Wo du stehst. Was du beherrschst und was nicht. Frage auch andere, denn das eigene Selbstbild weicht oft vom Fremdbild ab. Akzeptiere konstruktive Kritik und lerne aus deinen Fehlern. Scheitern gehört dazu. Ich selbst habe an manchen Tagen beim Verkosten mehr falsch als richtig gelegen. Aber ich habe nie aufgegeben und permanent an mir gearbeitet. Und Michael Jordan zum Vorbild genommen. Dieser hat in seiner Karriere über 9000 Würfe verfehlt und fast 300 Spiele verloren. Und weil er jedes Mal wieder aufgestanden ist, wurde er zum besten Basketballer aller Zeiten.

Regel 6: Trainiere deine Schwächen nicht deine Stärken

Du stolperst über deine schwächste und nicht über deine stärkste Disziplin. Eine Ankerkette bricht ja auch am schwächsten Glied. Trainiere deine Schwachstellen also mehr als das, was du gut kannst. Ich hätte stundenlang Rieslinge und Pinot Noirs verkosten können. Stattdessen habe ich mich gezielt auf das fokussiert, was für mich am schwierigsten war. Beispielsweise einige italienische und spanische Weinstile in der Blindverkostung zuzuordnen. Nachdem ich das über mehr als drei Monate immer wieder und wieder trainiert habe, hat es plötzlich „klick“ gemacht. Seitdem verwechsle ich hier nichts mehr.

Regel 7: Gehe mit Spaß an die Sache

Lust statt Frust ist ebenfalls eine wichtige Devise. Hab Spaß bei der Sache, das macht das Lernen leichter. Auch wenn es nicht immer leichtfällt. Du lernst aber nicht für das Examen, sondern für dich selbst. Du studierst, um dein eigenes Wissen zu erweitern. Wenn du für eine Weinprüfung lernst, umso mehr. Du verkostest spannende Weine und lernst diese noch besser zu verstehen. Mach dir einmal klar, was für ein Privileg das in unserer Welt bedeutet, in der viele Menschen nicht einmal sauberes Trinkwasser haben.